Donnerstag, 31. März 2011

Kalpetta, oh du arme Bergwelt

Unsere erste Station in den Bergen sollte im Bundesstaat Kerala die Region Wayanad sein. Dort sei es laut Reisefuehrer naturtechnisch ganz toll und noch nicht so touristisch wie suedlicher. Wir suchten uns das Bergdorf Kalpetta raus, um von dort aus in das Wildlife Sanctuary zu starten. Von Bangalore aus nahmen wir frueh morgens den Zug ein tolles Abenteuer fuer sich! In Mysore stiegen wir am Busbahnhof (hunderte Busse, tausende Menschen, Chaos) in den staatlichen Fernbus nach Calicut, und erlebten zum ersten Mal die beruehmt-beruechtigten Indischen Verkehrs-Chaoten....  Waehrend in Bangalore zwar unglaublich viel Verkehr war, und die Menschen sich aber irgendwie arrangierten, erlebten wir auf der Busfahrtein Verkehrschaos ohnegleichen. Egoismus pur, lebensmuedigkeit allerorten, beinahezusammenstoesse und Hupkonzerte von links, rechts, vorne und hinten. Nur die Hoffnung auf ein ruhigen Ort in den Bergen hielt uns motiviert....



Als wir nach einem langen Tag dann in Kalpetta ankamen, haetten wir heulen und kotzen koennen. Schon der noch kleinere Vorort, Sultans Bathery, war ein schlauchfoermiger Molloch, eine ewig lange Strasse durch den an sich tollen Dschungel. Kalpetta, mit 30.000 Einwohnern, war noch schlimmer. Laerm, Gestank, ueberfuellte Strasse und ganz viel schlechtes Kharma fanden wir vor.

 Das Hotel war seltsam, wie ueblich verstanden wir niemanden so richtig - Englisch und Indlisch sind halt doch sehr verschieden. Im Hotel konnten sie uns auch gar keine Auskunft geben, was man denn in der Stadt oder der Umgebung machen konnte. Allerdings wussten Sie, dass der Nationalpark gerade wegen Feuer geschlossen ist! Da uns die Stadt eh depressiv zu machen drohte, entschieden wir, sofort am naechsten Morgen weiterzufahren, und taten dies auch. Bemerkenswert noch der nette Polizist am Busbahnhof, der mir ein dutzend Fragen stellte, von denen ich nur eine oder zwei verstand. Als ich fragte, ob ich ihn fotographieren koenne, lief er dann zu hoechstform auf und posierte ordentlich. Eine wahre Freude fuer jeden Fotographen!

Bangalore - Parks, Hotel, Essen!

Insgesamt waren wir fuenf Naechte und vier volle Tage in Bangalore. So am dritten Tag hatten wir das Gefuehl, uns halbwegs an das laute Treiben gewoehnt zu haben. In unserem tollen Hotel, das von der Solarfirma gestellt wurde, hatten wir Fruehstueck mit dabei, und konnten Abends in einem supertollen Restaurant im obersten Stock von den Strapazen des Tages entspannen. Die Hotelangestellten waren alle total suess, nannten uns immer "Misses Sandra" und "Mister Michael". Aber sobald wir das Hotel verliessen, unsere sichere und gekuehlte Ruhezone, ging der Trubel wieder los :-)


 
Wie gesagt, ab dem dritten Tag machte es dann langsam Spass, mit den Tuktuk-Fahrern zu feilschen, uns in der Stadt frei und zu Fuss zu bewegen. Wir fuhren Quer durch die Stadt zu einer der wenigen Attraktionen, dem Bull Tempel, und durchquerten auf dem Weg einen ewig langen Markt in einem wuselligen armen Viertel. In den geoeffneten Tuktuks erlebt man die Stadt und die Menschen, die Hitze und die Enge, die Armut und die Hoffnung manchmal intensiver, als einem lieb ist. Der Tempel hingegen war, wohl aufgrund der vielen grossartigen Tempelanlagen in Thailand und Kambodscha, eher nicht so beeindruckend fuer uns. Ein grosser Stier stand im Zentrum eines monolithischen Schreins und starrte uns an. Ein alter indischer Priester spritzte mir gegen ein paar Rupien liebevoll etwas Fluessigkeit ueber die Haende - genug gutes Kharma fuer den Rest der Reise hoffentlich!

Danach wollten wir eigentlich zu Fuss in einen botanischen Garten, blieben aber auf dem Weg in einem der vielen Parks der "Stadt der Gaerten" ein Stuendchen und schauten den riesigen Fledermaeusen zu, die zu hunderten in den Baeumen hingen. Riesige Viecher! Der botanische Garten war auch nett. Diese enorm breiten Banyan-Trees mit ihren Luftwurzeln beeindrucken.




Alles in allem waren wir aber nicht ungluecklich, am fuenften Tag dann endlich aufzubrechen, raus auf die Strasse, und ab in die Zuege, die Busse, ab aufs Land! In der Hoffnung auf etwas weniger Laerm, saubere Luft, echte urspruengliche Natur und wilde, exotische Tiere und weniger Menschen um uns rum.

Unser Besuch in der Solarfirma

Schon am Abend des ersten Tages, als wir grad angekommen waren im Hotel nach langem Flug, klingelte das Telefon auf unserem Zimmer, als war schon fast eingeschlafen waren. Ein inder, gaenzlich unverstaendlich, sagte uns wir wuerden am naechsten Morgen abgeholt um die Solarfirma zu besuchen. Die genaue Planung blieb uns unklar...

Auf den Besuch hatten wir uns seit Monaten gefreut. EmmVee Photovoltaics ist eine indische Firma, gegruendet so Mitte der Neunziger Jahre bereits, mit solarthermischen Anlagen und Photovoltaikmodulen im Angebot. Im Endeffekt haben wir beide Werke besichtigt, die jeweils eine Stunde von der Stadt und auch eine Stunde von einander entfernt waren. Ein ganzer Tag voller Werksbesichtigung, teils schwieriger Verstaendigung und erlebnisreicher Autofahrt zwischendurch. Unser erster voller Tag in Indien!!!
Das erste Werk produziert kleine solarthermische Anlagen zur Nutzwassererwaermung. Die Produkte gehen zu 100% in Indien weg, fuer private Haushalte und die groesseren Anlagen fuer Hotels etc. Durch die nationale Praegung (auslaendische Geschaeftleute kommen wohl eher selten her) waren die Sitten hier etwas "klassischer", sprich, willkommen geheissen per Handschlag wurde Mr. Michael, nicht aber Mrs. Sandra. Lunch zur Begruessung und zum Abschied gabs aber fuer uns beide. Ein Mr. Manjunath fuehrte uns persoenlich herum, danach gabs noch Frage- und Antwort-Spielchen. Das erste Laecheln kam auf sein Gesicht, als er von seiner geschaeftlichen Deutschlandreise erzaehlte und fast sueffisant bemerkte:

"There is no sun in Germany!"

Irgendwann kam dann der Punkt, wo wir noch 30 Min. ueberbruecken mussten bis zum Lunch. Er wusste nichts mehr mit uns zu tun, liess uns vor seinem Schreibtisch sitzen und arbeitete einfach weiter. Dann ging er.

Hightech a la Indien - die Modulproduktion

Am fruehen Nachmittag kamen wir zum zweiten Werk an. Mangels Planung wussten wir nicht genau, mit wem wir verabredet waren. Der Taxifahrer machte das Fenster runter, die Wachleute sahen einen Weissen, und liessen uns erstmal rein. Auf die Frage, wenn wir denn sehen wollten, sagten wir ehrlich "we don't know", und sassen dann aber trotzdem ein paar Minuten spaeter dem Managing Director und Gruender gegenueber, dem leibhaftigen Visionaer der indischen Solarbranche, Mr. Manjunatha! Ich durfte Fragen stellen, Sandra auch, und so machte das ganze den Eindruck eines wichtigen, aber in lockerem Ton gehaltenen Business-Interviews. Wir sprachen ueber den Photovoltaik-Markt, die Atomkatastrophe in Japan und die Folgen, und es war wirklich nett. Da Sandra und ich nach unserer Rueckkehr einen Bericht fuer eine deutsche Solarzeitschrift verfassen werden nahmen wir viele Notizen auf, die wir spaeter in ein detailliertes Essay fliessen lassen werden.

Die Besichtigung selbst fuehrte uns vorbei an alten und neuen Linien der Photovoltaik-Modul-Fertigung, und brachte uns in Kontakt mit einer realitaet aus Automatisierung und indischer Handarbeit, die wirklich spannend ist und meiner Meinung nach in ausgezeichneter Qualitaet mit hervorragendem Preis-Leistungs-Verhaeltniss muendet. Der Abteilungsleiter, der einst die erste Linie selbst gestaltete, zeigte uns "sein Werk", das aus seiner Sicht bis zu 165 Megawatt Jahresoutput produzieren kann. Der Besuch war eine tolle Erfahrung und wird meine Sicht auf die internationale Solarbranche langfristig mitpraegen....

Samstag, 26. März 2011

Vorsicht, ich bremse auch fuer Menschen!

Erste Eindruecke aus Bangalore, wo wir vorgestern Abend eintrafen. Wie erwartet ist es warm. Die Stadt ist riesengross, verwirrend, laut und dreckig, sowohl die Strassen als auch die Luft. Der Laerm der Autohupen ist genauso atemberaubend wie der Staub und der Benzingestank. Wir fuehlen uns wohl, aber es ist anstrengend. Der Begriff "Rush hour" hat eine neue Dimension bekommen. Wir schreiben dies, waehrend wir heute das erste Mal spazieren gingen, und aktuell in einem Internet Cafe unweit unseres Hotels sitzen.

Aber der Weg, zu Fuss, ueber dicht befahrene riesige Strassen ohne Regeln und Vernunft, der Weg war lang und gefaehrlich. Bereits jetzt unvergessen, der freudige Gesichtsausdruck Sandras beim Anblick einer gruenen Ampel, sie zehrte mich mit sich um die breite, wohl mindestens sechs, eher achtspurige Strasse  zu ueberqueren. Nach drei Metern wurde es rot und sofort setzte sich die Masse von Tuktuks, Lastwagen, Rikschas und Autos in Bewegung. Der sofortige Unfalltod schien unausweichlich. Wir rannten um unser Leben und beschwichtigen mit Gesten und Rufen, wohl wissend das unser flehendes Rufen keine Chance hatte, das Hupkonzert zu durchdringen. Wir hatten nicht wirklich das Gefuehl, dass irgendjemand wegen uns langsamer fuhr oder Vorsicht walten lies... Letzten Endes schafften wir es knapp und leben also noch.

Unser Eindruck: Nicht einmal in Vietnams Grossstaedten war der Verkehr so heftig, auch die Lautstaerke und die Menschenmassen nicht. Wir hoffen darauf, uns schnell daran zu gewoehnen, damit der Stress etwas nachlaesst.

Das Inder manchmal auch bremsen, konnten wir gestern erleben, als wir den ganzen Tag mit unserem Fahrer unterwegs waren, um die beide Solar-Produktionsstaetten zu besichtigen. Insgesamt verbrachten wir rund drei Stunden im Auto und fuhren durch die Innenstadt, die Vororte, und das suedindische Flachland, um die weit verstreuten Werke von EmmVee Photovoltaic zu besuchen. Mehrmals musste unser Fahrer, der auf seinem Armaturenbrett eine Skulptur einer indischen Gottheit und am Rueckspiegel eine Glocke kleben hatte, scharf bremsen, um heiligen Kuehen oder kleinen Affen das Leben zu retten. Kuh muesste man sein! Mit freundlichem Gesichtsausdruck hielt der Fahrer den Wagen an, bis die Tiere sich in Seelenruhe entfernten.

Mehr ueber unsere ersten Tage, ueber unseren Kaffeeklatsch mit dem Chef einer grossen indischen Solarfirma und ob wir es lebendig zurueck ins Hotel schaffen und auch ein paar Bilder - spaeter!
Viele Gruesse aus Bangalore! Sandra und Michael

Hello and Byebye Dubai

IN der Kuerze liegt die Wuerze, auch in den arabischen Laendern! Und so nutzten wir die rund sechs Stunden Aufenthalt in Dubai, um uns einen ersten und auch erstmal ausreichenden Eindruck zu verschaffen von dem Wuesten-Wonderland. Ankunft morgens um 6, mit der Metro zum alten Gewuerzmarkt am Kanal (old spice zouk), wo wir die ersten waren so frueh morgens, und daher ueberfallartig von Gold- und Feigenverkaeufern belagert wurden. Mit dem Taxiboot ueber den Kanal, ein kleines Fruehstueck am Ufer im Schatten (langsam wurde es warm), und nach dem herumirren dann in ein Taxi fuer eine kurze Rundfahrt.

INNERHALB von knapp zwei Stunden wurden wir so durch das Emirat gefahren und sahen dabei den Burj al Dubai (siehe Bild 1), wo wir mangels Reservierung nicht einmal spazieren gehen durften, und auch im vorbeifahren den Burj Khalifa, den hoechsten Turm der Welt mit rund 828 Metern Hohe (siehe Bild 2, rechts). Aber im Grunde genommen war es vollkommen okay, dann wieder in den Flieger zu steigen um nach Indien zu fliegen. Dubai kam uns vor wie ein riesiges Disney-Land. Leider haben wir die Altstadt in der Kuerze nicht tiefer kennengelernt, Sandra fuehlt sich als meist einzige Frau auf der Strasse auch oft recht unwohl aufgrund der harschen Blicke und der maennerdominierten Kultur.


Freitag, 18. März 2011

Es geht wieder los! Wie konnte das passieren?!?

In fünf Tagen ist es also wieder soweit - Sandra und ich packen unsere Rucksäcke und machen uns auf den Weg. Wenn ich an unsere vergangene Weltreise denke, kommt es mir noch nicht so lange her vor, und ich kann mich an jeden einzelnen der knapp 180 Tage erinnern, wie wir durch Thailand, Kambodscha, Vietnam, China, Laos, und dann durch Australien und Neuseeland gewandert, geradelt und busgefahren sind! Aber es ist schon wieder über zwei Jahre (!) her...

Zeit für neue Abenteuer also! Während ich diese Zeilen schreibe, wird Sandra von Ihren Kolleginnen und Kollegen der Messe Berlin gerade verabschiedet, gehen über vier Jahre dort zuende. Die Zeit ist gekommen für neue Wege. Ein Ende des Stillstandes naht. Nächsten Mittwoch fliegen wir von Frankfurt aus über Dubai nach Bangalore, Bengaluru, Südindien! Wie konnte es dazu kommen?

Kommen wir zurück, ganz an den Anfang, kurz vor unserer großen Reise, im Winter 2009 ( immer noch online - www.sandra-and-michael-travelling.blogspot.com ) Wenige Tage vor meinem 30. Geburtstag hatten Sandra und ich uns von den Kollegen verabschiedet, unsere Wohnung den drei jungen Neuseeländern untervermietet, die diversen Impfungen verdaut und hatten Berlin verlassen, gen Bremen. In der Bremer Neustadt wollten wir noch meinen Geburtstag feiern und uns verabschieden. Anfang März war es zwar noch kalt und grau, trotzdem fuhren wir aus der schönen Hansestadt noch für eine Nacht nach Emden um Marco zu besuchen, der dort in Ostfriesland naher der holländischen Grenze studierte. Wir fuhren Nachmittags an den Deich zum spazierengehen und holten die neue Kamera raus, die ich angesichts der bevorstehenden Weltreise kürzlich erworben hatte, meine kleine Lumix. Sandra tat das, was Sie gern auf Photos macht, nämlich die Augen zu ;-) und hielt dabei ihre Kapuze fest, die vom starken Wind weggeblasen zu werden drohte. Die Windräder drehten sich rasant, aber gleichförmig. Das Bild entstand.




Rund 21 Monate später, es war kurz vor Weihnachten 2010, werden wir beide nie vergessen. Viele schöne Bilder sind auf der Reise damals entstanden, viele spannende Photos inzwischen auch von Windparks, Solaranlagen ( einige Bilder auf www.horling.eu ). Im Herbst hatte mich meine Kollegin Kerstin auf einen Photowettbewerb für Erneuerbare Energien aufmerksam gemacht, von einer indischen Solarfirma mit Sitz in Berlin, EmmVee Photovoltaics. Trotz der Trägheit, die sich im Alltag und gerade im Herbst breit macht, schaffte ich es mit Sandras Hilfe, drei meiner Bilder auszuwählen, auszudrucken, und abzuschicken. Das der Hauptpreis eine Reise für zwei nach Indien war, klang verlockend, aber nicht wirklich realistisch dabei. Aber, Träume zu haben ist auch viel Wert, und so sprachen wir schon manchmal, ein kleines Stück voller großer Hoffnung, darüber, mal wieder zu reisen...

Kurz vor Weihnachten war es dann soweit. Sandra und ich kamen, an einem Samstag Mittag, grad vom Einkauf, vollgepackt ins Haus. Auf dem Weg waren wir noch im STA Reisebüro, träumten in der grauen Tristesse der Vorweihnachtszeit davon, uns wieder aufzumachen. Da war der Brief im Briefkasten, von dieser Solarfirma, die den indischen Tiger als Wappentier haben. Aufgeregt schleppten wir unsere Einkäufe die fünf Stockwerke nach oben, stellten alles ab, und öffneten vorsichtig den Umschlag, wie bei einer wichtigen Bewerbung, auf die endlich, endlich die Antwort eintrifft. Eine lange, vollgeschriebene Seite, viel Text, ich überspringe die ersten freundlichen Zeilen des Dankes für die Übersendung der schönen Bilder, die es ja "auch in die Finalrunde geschafft hätten, bei der dann...." "...Jury...." "...schwierige Entscheidung...." "...Stunden später..."

Im unteren Drittel der vollgeschriebenen Seite stand es, fettgedruckt. Als erster las ich die Worte, die sich mir somit ins Gedächtnis eingebrannt haben, und ich konnte meine Freudentränen nicht verbergen, so daß Sandra aus meinem Gesicht ablesen konnte, was ich gerade gelesen hatte. Herzlichen Glückwunsch. Sie haben eine Reise für zwei nach Bangalore, Indien gewonnen!

Soso. Sandra and Michael, travelling again!


http://www.solar-journal.com/deutsch/fotowettbewerb